CASE STUDY
Geodaten im Rettungseinsatz: intelligentes Notfallmanagement im Kanton Wallis
Die Herausforderung
Da die Kantonale Walliser Rettungsorganisation (KWRO) gegenüber dem Kanton Wallis berichtspflichtig ist, hat sie schnell ein sehr genaues Monitoring des von ihr verwalteten Rettungsdienstes eingerichtet. Sie muss auch Anpassungen dieses Dienstes vorschlagen.
„Anfangs verwendete unsere Organisation tabellenbasierte Tools, um die Reaktionszeiten gegenüber Patienten, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder die Verteilung der Einsätze darzustellen. Dies erfolgte ausschliesslich anhand statistischer Daten. Wir arbeiten auch mit dem Walliser Gesundheits-Observatorium zusammen, das uns Hunderte von Berichten liefert, deren Analyse komplex, zeitaufwändig und wenig effizient ist“, erklärt Dr. Jean-Marc Bellagamba, bis November 2023 Direktor der KWRO. „Die Idee, mit Geodaten zu arbeiten, lag daher auf der Hand.“
Über die KWRO
In den meisten Regionen der Welt werden Rettungsmassnahmen direkt von den Behörden organisiert und koordiniert. In der Schweiz ist die Kantonale Walliser Rettungsorganisation (KWRO) daher eine atypische Organisation. Der 1995 gegründete private Verein geniesst seit dem revidierten Gesetz über die Organisation der Rettungsdienste vom 8. September 2016 den Status einer autonomen öffentlich-rechtlichen Anstalt, also denselben Status wie ein Krankenhaus. Die KWRO mit Sitz in Sierre/Siders beschäftigt rund vierzig Mitarbeitende.
Sie erbringt für den Kanton Wallis, der sie vollständig finanziert, verschiedene Dienstleistungen, darunter die Verwaltung der Notrufzentrale «144», die Durchführung von Rettungseinsätzen, die Versorgung von kranken, verletzten oder sich in Gefahr befindenden Personen mit Krankenwagen oder Hubschraubern und deren Transport zu den nächstgelegenen medizinischen Einrichtungen. Dies geschieht in Abstimmung mit anderen Einsatzkräften wie der Feuerwehr oder der Polizei.
Die KRO ist völlig autonom in der Art und Weise, wie sie jährlich rund 25’000 Einsätze verwaltet, wobei sie sich insbesondere auf ein Netzwerk von 300 Gesundheitsfachkräften und mehr als 3’500 Miliz-Einsatzkräfte stützt. Im Gegenzug muss es die Relevanz seines Rettungsdienstes dem Walliser Rettungswesen (DISSVAL) durch regelmässige Kontrollen der Qualität der erbrachten Rettungsleistungen nachweisen. In diesem Zusammenhang kommen geografische Informationen und GIS-Lösungen zum Einsatz.
Die Lösung
Die KWRO begannen damit, sich neue Tools anzuschaffen, um zeitliche Informationen aus Standortdaten zu erfassen und so erste geografische Ergebnisse zu erhalten. Ein Pilotprojekt, das zwischen 2020 und 2022 mit einem Partner von Esri durchgeführt wurde, bestand darin, einen Geodatensatz aus dem Jahr 2018 aufzuarbeiten und auf eine Karte des Wallis zu übertragen.
In einem zweiten Schritt wurde ArcGIS Technologie zur Abfrage der Analysen historischer Einsatzdaten und zahlreicher Variablen (Umwelt, Strassennetz, Bevölkerungsdichte usw.) verwendet, die zur Festlegung des Standorts und der erforderlichen ittel herangezogen werden. Ziel war es, ein leistungsfähiges Überwachungsinstrument mit sofortiger Anzeige der Ergebnisse auf einer Karte zu schaffen. Die Funktionen von ArcGIS Pro ermöglichten die Planung.
Anfang 2023 wurde mit Python eine Toolbox entwickelt, um die regelmässig erforderlichen Anpassungen an DISSVAL vorzunehmen.
Esri Technologie im Einsatz
Die Lösung
Drei Mitarbeitende der KWRO haben Zugriff auf ArcGIS Pro und steuern diese Entwicklungen in Zusammenarbeit mit Esri Schweiz und einem seiner Partner, arx iT. Anfangs hatten sie keinerlei GIS-Kenntnisse.
«Als Notarzt hatte ich keinerlei Erfahrung mit GIS. ArcGIS war für mich aufgrund seiner Komplexität daher eher abschreckend», gibt Jean-Marc Bellagamba zu. «Ich habe zwei Schulungen bei Esri absolviert: eine, um das Potenzial zu entdecken und mich vom Nutzen des Tools zu überzeugen, und eine weitere, um mehr Selbstständigkeit zu erlangen. Die tägliche Praxis hat mir dann Selbstvertrauen gegeben, auch wenn man zugeben muss, dass wir nur einen winzigen Teil der Möglichkeiten eines Tools wie ArcGIS nutzen, genauso wie wir nur einen Bruchteil der Möglichkeiten kennen, die beispielsweise Excel bietet.“
ArcGIS Insights wird heute vom Direktor und seinem Stellvertreter sowie vom Leiter des operativen Dienstes für punktuelle Überwachungsaufgaben genutzt. Extern haben die Auditoren unter Einhaltung aller Sicherheitsmassnahmen für sensible Daten Zugriff darauf, ebenso wie das Gesundheitsamt und das Gesundheitsdepartement des Kantons Wallis.
Unsere Organisation wurde einer Prüfung der präklinischen Einrichtungen unterzogen. Die vier Auditoren hatten Zugang zu einem sehr leistungsfähigen Überwachungsinstrument, mit dem die Ergebnisse sofort auf einer Karte angezeigt werden konnten. ArcGIS ermöglicht eine visuelle und sofortige Überprüfung der Verfügbarkeit von Ressourcen mit einer Situationsstufe, je nach Anzahl der gleichzeitigen Einsätze zu verschiedenen Tageszeiten oder deren Dauer nach Region oder Ort. Anhand einer Isochrone lässt sich erkennen, ob ein Einsatz, der nicht von einem Krankenwagen abgedeckt wird, von anderen Netzwerken, Ärzten, Pflegefachleuten oder Apotheker:innen übernommen werden kann. Mit dem Kartentool lassen sich beispielsweise die Zentren mit der höchsten Einsatzaktivität hervorheben. Eine genauere Betrachtung der Isochronen unterscheidet zwischen den Einsatzzeiten: Gelb steht für weniger als 10 Minuten, Dunkelblau für fast 50 Minuten. Das Feedback der Auditoren, die sich ohne Vorkenntnisse des GIS-Tools mit den Geodaten vertraut machen konnten und durch die direkte Auswertung der Ergebnisse einen Vorschlag zur Anpassung des Systems unterbreiten konnten, war äusserst positiv.
Jean-Marc Bellagamba, Direktor der KWRO
Die „Toolbox“ dient dazu, auf der Grundlage der Geodaten zu arbeiten, beispielsweise um zu überprüfen, welche Auswirkungen die Hinzufügung eines Rettungswagens aus einem Sektor in einen anderen hätte, und gleichzeitig festzustellen, welche Folgen diese neue Verteilung der Ressourcen in anderen Sektoren hätte.
„Wir haben dieses kartografische Analysesystem verwendet, um die optimale Verteilung der Rettungsmittel im Jahr 2022 zu simulieren. Dann haben wir 2023 die Einsatzdaten von 2022 im Simulationstool nachgespielt, um zu überprüfen, ob die Simulationsdaten mit den tatsächlichen Daten übereinstimmen. Das Ergebnis liegt bei 95 %, mit Abweichungen bei den Einsatzzeiten von nur -45 Sekunden bis +75 Sekunden!“
Die übrigen Prozentsätze sind schwieriger zu bewerten, da sie meist mit unvorhersehbaren Variablen zusammenhängen, wie z. B. Arbeiten auf der Autobahn, die den Verkehr verlangsamen, oder schlechtes Wetter. Die KWRO sind sich dieser Herausforderungen bewusst und berücksichtigen diese Faktoren, wie Jean-Marc Bellagamba erklärt: „Wir haben das Glück, dass wir von der Live-Anpassung der Karten des kantonalen Strassenbauamts profitieren können, das ebenfalls Lösungen von Esri nutzt. Darüber hinaus denken wir über ein POC mit Meteomatics zu Wetterdaten nach.“
Der Direktor erwähnt eine weitere Entwicklung, die gemeinsam mit Hexagon an einem System durchgeführt wird, das Esri-Visualisierungen nutzt, um Strassennavigationsdaten zu integrieren. Langfristig besteht die Idee darin, diese verschiedenen Strassen- und Wettervariablen zu integrieren, aber auch die Möglichkeit, die Navigation mit ArcGIS in Rettungsfahrzeugen bereits ab der Bearbeitung des Notrufs unter 144 zu implementieren. Auch wenn sich die Idee, Entscheidungen mithilfe von KI zu treffen, durchsetzt, wird das menschliche Urteilsvermögen unverzichtbar bleiben, solange es Variablen zu berücksichtigen gibt. Denn schliesslich ist es der Mensch, der zu Hilfe gerufen wird.
Zusammenfassung
Die KWRO sind zu einer Referenz im Bereich der Überwachung und Planung von Rettungsmassnahmen geworden. Die Organisation stützt sich auf ein kartenbasiertes Analysesystem, das auf ArcGIS basiert, um die optimale Verteilung der Rettungsmittel zu simulieren. Die Analyse anhand von Geodaten dient dazu, das beste Szenario mit der höchsten Effizienz im Vergleich zum bestehenden System zu ermitteln.
Kontakt
ORGANISATION CANTONALE VALAISANNE DES SECOURS
Dr. Jean-Marc Bellagamba
Rue de Plantzette 53
3960 Sierre